Öffentliche Äußerungen über Arbeitgeber – Kündigung

Kündigung eines Busfahrers wegen öffentlicher Äußerungen über menschenunwürdige Arbeitsbedingen bei Arbeitgeber wirksam

Zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 06. Mai 2011 – 6 Sa 2558/10 – ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Ausgangslage: Der Beruf des Busfahrers kann wohl zu den stressigeren Berufen gehören, die es so gibt. In solchen Berufen ist es manchmal nicht einfach, sich unter Kontrolle zu haben. Wer hier die Nerven verliert, riskiert aber eine Kündigung, mindestens eine Abmahnung.

Rufschädigung als Grund für fristlose Kündigung: Im vorliegenden Fall gab es Streit zwischen zwei Busfahrern. Der eine beschuldigte seinen Kollegen, sich mit Fahrgästen unterhalten zu haben. Der andere Busfahrer forderte diesen auf, den Bus zu verlassen. Der weigert sich allerdings, woraufhin sein Kollege die Fahrt unterbrach und die Polizei alarmierte. Vor den im Bus anwesenden Fahrgästen klagte er dabei über „menschenunwürdige“ Arbeitsbedingungen bei seinem Arbeitgeber.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: Das Landesarbeitsgericht hielt die darauf gestützte fristlose Kündigung des Busfahrers für wirksam. Der Arbeitgeber müsse solche rufschädigenden Äußerungen nicht hinnehmen. Er könne sogar jedenfalls bei vorherigen Abmahnungen wegen ähnlicher Verstöße eine fristlose Kündigung aussprechen.

Arbeitnehmer beging schwerwiegende Pflichtverletzung: Die Fahrt des Busses mit Fahrgästen zu unterbrechen, um aus einem nichtigen Anlass die Polizei zu verständigen, war eine solch schwerwiegende Pflichtverletzung, dass die beklagte Arbeitgeberin sie nicht hinnehmen musste. Das Landesarbeitsgericht: Nachdem der Mitarbeiter der B. den Bus bereits an der vorigen Haltestelle verlassen hatte, konnte das Anfordern der Polizei dem Kläger einzig und allein dazu gedient haben, sich dadurch Genugtuung zu verschaffen, dass er sich ohne Rücksicht auf die Interessen der Fahrgäste und den Ruf der Beklagten und deren Auftraggeberin ein Forum schuf „menschenunwürdige“ Arbeitsbedingungen anzuprangern. Diese Einschätzung fand ihre Bestätigung darin, dass der mit den betrieblichen Gegebenheiten vertraute Betriebsrat ausdrücklich seine Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung erklärt hat (LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Mai 2011 – 6 Sa 2558/10 –, juris).

Bewertung: Die Entscheidung bewegt sich im Grenzbereich. Eine andere Bewertung ist sicher vertretbar. Allerdings macht das Urteil deutlich, dass Arbeitnehmern, die in der Öffentlichkeit ihren Arbeitgeber herabwürdigen oder in sonstiger Weise angehen, mit einer fristlosen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen müssen. Das ist grundsätzlich auch richtig so. Das Arbeitsverhältnis zwingt beide Parteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen. Das gilt selbst dann, wenn man berechtigten Zorn verspüren darf.

Quelle: LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Mai 2011 – 6 Sa 2558/10 –, juris.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer: Bleiben Sie ruhig, auch wenn es sehr schwer fällt. Vermeintliche Vertragsverstöße des Arbeitgebers sollten gegebenenfalls arbeitsgerichtlich verfolgt werden. Vermeiden Sie jedwede Selbstjustiz. Andernfalls werden Sie am Ende das Nachsehen haben, nicht der Arbeitgeber.