Ehrenrührige Behauptungen über Vorgesetzte und Kollegen – Kündigung

Ordentliche Kündigung einer Sekretärin wegen schwerwiegender ehrenrühriger Behauptungen über ihre Vorgesetzten und Kollegen wirksam

Zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04. Februar 2014 – 19 Sa 322/13, ein Kommentar von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.

Ausgangslage:

Gekündigt wurde im vorliegenden Fall einer Sekretärin in der Stadtkämmerei eines Landkreises. Die Arbeitnehmerin hatte unter anderem gegen die Kämmerin selbst und weitere Kollegen schwere Vorwürfe erhoben: Dazu gehörten Alkoholexzesse und sexuelle Handlungen während des Dienstes. In der Folge sprach ihr Arbeitgeber, der Landkreis, eine ordentliche Kündigung aus.

Entscheidung:

Die Kündigung wurde vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg als wirksam angesehen, das Gericht ließ die Revision nicht zu. Zur Begründung führte es an, dass für die Beurteilung ohne Belang sei, ob bzw. inwieweit die von der Arbeitnehmerin erhobenen Vorwürfe tatsächlich zuträfen. Die ehrenrührigen Behauptungen seien somit nicht gerechtfertigt, folglich war die deswegen ausgesprochene Kündigung wirksam.

Bewertung:

Bisher liegt nur eine Pressemitteilung von der Entscheidung vor. Somit ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig, ob im vorliegenden Fall die bloße Denunziation im Vordergrund stand oder diese nur die Folge des Hinweises auf Missstände in der Verwaltung war. Träfe ersteres zu, wäre die Entscheidung nicht zu beanstanden. Im zweiten Fall würde sich die Entscheidung auch wohl im Rahmen der derzeitigen Rechtsprechung bewegen. Demnach gehen zurzeit sog. Whistleblower, die mit Hinweisen die Öffentlichkeit informieren, das Risiko ein, dass ihr Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Diese Rechtslage ist unhaltbar und ärgerlich. In diesem Zusammenhang hat die SPD in den Koalitionsverhandlungen auch nicht mehr zustande gebracht, als die Durchsetzung eines „Prüfauftrages“. Bleibt die Hoffnung, dass möglicherweise die Arbeitsgerichte sich zu richtungsweisenden Urteilen durchringen können. Inwieweit der vorliegende Fall dafür tauft, lässt sich nicht beurteilen, allerdings ist immerhin die öffentliche Verwaltung betroffen und das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen dementsprechend gewichtig.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Bei Kenntnisnahme von einer Straftat innerhalb des Unternehmens ist es bei der derzeitigen Gesetzeslage und Rechtsprechung nicht der richtige Weg, Strafanzeige zu erstatten. Wer insofern gedenkt, seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen, geht das Risiko ein, dass sein Arbeitsverhältnis ggf. fristlos gekündigt wird. Folglich sollte man zunächst den innerbetrieblichen Weg (Anzeige bei dem Vorgesetzten, Information des Betriebsrats) wählen. Dass man sich damit wiederum häufig auch ins betriebliche Off manövriert, nimmt der Gesetzgeber derzeit hin.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.02.2014 – 19 Sa 322/13