Zigarettendiebstahl: fristlose Kündigung trotz unzulässiger Videoüberwachung

Kündigung: Arbeitnehmerin, die Zigarettenpackungen aus dem Warenbestand des Arbeitgebers stiehlt, wird trotz unzulässiger Videoüberwachung fristlos gekündigt.

Ein Kommentar von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Juni 2012 – 2 AZR 153/11.

Ausgangsfall:

Der Arbeitgeber entdeckte durch Videoüberwachung der öffentlich zugänglichen Verkaufsräume den Diebstahl von Zigaretten durch eine Mitarbeiterin. Er hatte die Kameras vorher mit Zustimmung des Betriebsrates installiert. Der Diebstahl wurde während der Auswertung der Videos unter Anwesenheit des Betriebsrates entdeckt. Die Arbeitnehmerin bestritt den Diebstahl und einzige Beweismöglichkeit waren die Videos. Zu beurteilen war nun von dem Gericht, ob die heimlichen Videoaufnahmen ohne Kenntlichmachung zulässig waren. Dass dieses Verhalten des Arbeitgebers einen Verstoß gegen §6b Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz darstellte, war unstreitig. Es stellte sich jedoch die Frage, ob dies ein Beweisverwertungsverbot der Videoaufzeichnungen begründete.

Urteil:

Der Eingriff in das grundrechtlich geschützte Recht der Arbeitnehmerin am eigenen Bild bedarf einer Rechtfertigung, so das Gericht. Ein hinreichender Verdacht einer strafbaren Handlung oder eines anderen schweren Delikts zum Nachteil des Arbeitgebers ist hierfür erforderlich. Daher sieht das Gericht kein Beweisverwertungsverbot aus der Verletzung des Kenntlichmachungsgebots des § 6b Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz.

Folgen für die Praxis:

Auch ein einmaliger Eingriff in das Vermögen des Arbeitgebers kann eine Kündigung bzw. gegebenenfalls auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt auch, wenn es sich dabei nur um einen geringwertigen Vermögensgegenstand handelt.

Außerdem wurde von dem Gericht kein generelles Verbot der heimlichen Videoaufnahmen öffentlich zugänglicher Räume gesehen. Derartige Aufnahmen können dann gerechtfertigt sein, wenn ein konkreter Verdacht des Arbeitgebers gegenüber eines Mitarbeiters oder einer klar bestimmbaren Gruppe von Mitarbeitern besteht. Erforderlich ist weiterhin, dass zur Sachverhaltsaufklärung keine milderen Mittel als die (heimliche) Videoüberwachung verfügbar sind.

Praxistipp Arbeitnehmer:

Die Entscheidung macht deutlich, dass ein Diebstahl auch noch geringfügiger Gegenstände eine Kündigung rechtfertigen kann. Abgestellt wird dabei auf den Vertrauensbruch, der die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unzumutbar macht.
Erhält man eine Kündigung aus diesem Grund, sollte man eine Klage in Erwägung ziehen. Das Arbeitsverhältnis kann zwar oft nicht aufrechterhalten werden, jedoch zeigt der oben genannte Fall, dass nicht einfach für den Arbeitgeber ist, eine Kündigung wirksam durchzusetzen. Infolgedessen lässt sich in der Regel eine Abfindungszahlung erzielen.