Umstrukturierungsmaßnahmen bei SAP: Arbeitnehmer aufgepasst!

Für etwa 2000 SAP-Mitarbeiter stehen voraussichtlich Veränderungen ihrer Arbeitsbedingungen bevor – hier einige Hinweise für betroffene Arbeitnehmer von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Was ist nun für Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen arbeiten, welches Umstrukturierungsmaßnahmen durchführen und dabei Arbeitsplätze abbauen bzw. betriebsbedingte Kündigungen aussprechen will, zu beachten?

Umstrukturierungen:

Wenn im Unternehmen Umstrukturierungen geplant sind, gilt für Arbeitnehmer das Gebot der Wachsamkeit. Man sollte frühzeitig Tendenzen erkennen und gegebenenfalls auch Rat einholen. Umgekehrt sollte aber auch Panik vermieden werden. Wer allerdings Änderungen widerspruchslos hinnimmt, schafft häufig erst die Voraussetzung dafür, dass der Arbeitsplatz später leichter gekündigt werden kann. Immer häufiger erlebe ich es, dass zunächst keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden und dies auch in der Presse entsprechend verbreitet wird. Innerhalb des Unternehmens findet dann aber ein erheblicher Umbau statt. Arbeitnehmer werden in Tochtergesellschaften „überführt” oder es werden Abteilungen geschaffen, für die eigentlich gar keine Verwendung besteht. In solchen Abteilungen werden dann vor allem die Mitarbeiter „geparkt”, für die es nach den Planungen des Unternehmens künftig keine Verwendungen mehr gibt.

Zudem benutzen Unternehmen natürlich derartige ohnehin geplante Umstrukturierungsmaßnahmen gern dazu, ihren Personalbestand anzupassen. Anpassungen bedeuten in der Praxis dann oft Verjüngung des Personalbestandes. Das geht dann naturgemäß zulasten der älteren Mitarbeiter.

Verhalten bei Umstrukturierungen:

Betroffene Arbeitnehmer sollten genau prüfen, ob sie sich auf solche Änderungsangebote des Arbeitgebers einlassen. Wenn der Arbeitgeber dies nicht im Rahmen einer Änderungsvereinbarung durchsetzen will, sondern einfach von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht, sollte ebenfalls genau geprüft werden, ob bereits dagegen (notfalls gerichtlich) vorgegangen werden kann. Andernfalls werden oft Fakten geschaffen, die es dem Unternehmen später leichter machen, dem Arbeitnehmer wirksam zu kündigen.

Verschlechterte Arbeitsbedingungen:

Lassen Sie sich auf keinen Fall auf einen Gehaltsverzicht oder sonstige schlechtere Arbeitsbedingungen ein. Vereinbarungen im Zusammenhang mit einer Verringerung des Gehalts haben in der Regel keine langfristige Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses zufolge. Stattdessen kommt es dann irgendwann doch zur Kündigung und man hat Nachteile bei der Höhe der Sozialplanabfindung bzw. beim späteren Arbeitslosengeld. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes ist die Höhe des im so genannten Bezugszeitraum (Zeitraum vor Ausspruch der Kündigung) erzielten Arbeitsentgeltes entscheidend. Anknüpfungspunkt für die Berechnung von Sozialplanabfindungen ist regelmäßig die Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitsentgeltes. In beiden Fällen haben diejenigen Nachteile, die zuvor Kürzungen des Arbeitsentgeltes zugestimmt haben.

Rechtsschutz bei der Rechtsschutzversicherung auch schon bei angedrohter Kündigung:

Auch wenn noch gar keine Kündigung ausgesprochen ist, besteht in der Regel bereits bei angedrohter Kündigung ein Anspruch auf Rechtsschutz durch die Rechtsschutzversicherung. Das hat der Bundesgerichtshof bereits höchstrichterlich entscheiden müssen, weil sich die Rechtsschutzversicherung immer wieder weigern, Deckung zuzusagen.

Betriebsbedingte Kündigungen:

Wer eine Kündigung erhält, hat insgesamt drei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit, die Kündigung vor dem Arbeitsgericht anzugreifen. Richtige Klage ist die Kündigungsschutzklage, also eine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht wirksam beendet wurde.

Kündigungsschutzklage auch bei Sozialplan sinnvoll:

Eine Kündigungsschutzklage ist auch bei Bestehen eines Sozialplans angezeigt, da zum einen die im Sozialplan vorgesehenen Abfindungen durch eine Klage meist noch erhöht werden können. Zum anderen wird ein vollstreckbarer Titel geschaffen, aus dem man gegen den Arbeitgeber vorgehen kann, beispielsweise wenn sich dieser weigert die Abfindungen zu zahlen.

Außerdem können viele Nebenpflichten des Arbeitgebers, zum Beispiel der Inhalt des Zeugnisses, die vorübergehende Beschäftigung in einer Transfergesellschaften, Umschulungen, Dienstwagenregelungen usw. rechtsverbindlich im Rahmen des Vergleichs geregelt werden.

Angebot eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung:

Auch Arbeitnehmer, die noch keine Kündigung erhalten haben, sehen sich häufig einem immensen Druck ihrer Vorgesetzten ausgesetzt. Insbesondere Mitarbeiter, von denen sich das jeweilige Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen gerne trennen will, werden mit Angeboten zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages unter Druck gesetzt. Hier sollten Arbeitnehmer grundsätzlich vorsichtig sein. Die im Aufhebungsvertrag vorgesehene Abfindung kann schnell durch Sperrzeiten bei der Bundesagentur für Arbeit oder sonstige Nachteile abgeschmolzen sein. Hier muss zunächst einmal errechnet werden, welchen tatsächlichen finanziellen Vorteil die betroffenen Arbeitnehmer am Ende in der Tasche haben. Häufig wird auch übersehen, dass Arbeitnehmern bereits aus einem Sozialplan, eine Abfindung im Falle einer betriebsbedingten Kündigung zusteht. Dann ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages erst recht unsinnig. Was hat denn der Arbeitnehmer zu verlieren? Insbesondere wenn Arbeitgeber Zeitdruck aufbauen und besonders zum Abschluss des Aufhebungsvertrages drängen, ist Vorsicht geboten. Vergleichen Sie die Situation am besten mit einem Gebrauchtwagenkauf. Wenn Ihnen der Verkäufer zu sehr auf die Pelle rückt, dürfte in der Regel etwas faul sein an dem Angebot.

22.5.2014