Kündigungsschutzklage: Verzicht des Arbeitnehmers auf Erhebung

Die Wirksamkeit des Verzichts auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch einen Arbeitnehmer kann bei entsprechender Gegenleistung bestehen

Zum Urteil des Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 27. März 2014– 5 Sa 1099/13–, juris, ein Kommentar von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.

Rechtsanwalt Bredereck zur Ausgangslage:

Nach Erhalt einer Kündigung können Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen die Unwirksamkeit derselben im Wege der Kündigungsschutzklage geltend machen. Als Arbeitgeber möchte man eine solche Klage naturgemäß (angesichts der im Raum stehenden Abfindungszahlung) gerne verhindern. Zu diesem Zweck werden Arbeitnehmern mitunter bestimmte Gegenleistungen für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage angeboten. Wenn Arbeitnehmer einen derartigen Verzicht unterschreiben, ist anschließend oft strittig, ob dieser wirksam ist.

Fachanwalt für Arbeitsrecht zur Rechtslage:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der reine Klageverzicht gemäß § 307 Abs.1 Satz 1 BGB ohne jede arbeitgeberseitige Kompensation unangemessen. Wenn der Arbeitnehmer allerdings eine Gegenleistung erhält, ist er an die Vereinbarung auch gebunden. Wenn die Gegenleistung derart verschwindend gering ist, dass der Verdacht besteht, dass der Arbeitgeber mit der Gegenleistung lediglich die gesetzliche Regelung umgehen will, hilft ihm auch diese Gegenleistung nicht. Auch in diesem Fall ist der Verzicht auf die Kündigungsschutzklage unwirksam. Nun kann natürlich niemand eindeutig sagen, wie hoch genau die Gegenleistung sein muss. Mit einem solchen Zweifelsfall beschäftigt sich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in der zitierten Entscheidung.

Fall:

In dem vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber sich verpflichtet, dem gekündigten Arbeitnehmer ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen, wenn dieser im Gegenzug auf die Kündigungsschutzklage verzichtet. Ein Arbeitszeugnis kostet nichts, lag also eine zu geringe Gegenleistung vor?

Urteil:

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sah die Gegenleistung als ausreichend und damit den Klageverzicht als wirksam an.
Das Gericht: „Bei einer Abfindungszahlung von beispielsweise 10,00 € wäre diese Grenze deutlich überschritten. Bei einer Abfindungsleistung von 250,00 € lässt sich die Kompensation begrifflich nicht verneinen, mag auch der Rechtsanwender das ungute Gefühl einer Ungerechtigkeit haben.“ Bei einem Arbeitszeugnis sah das Gericht diese Gegenleistung als ausreichend an. Der Arbeitnehmer habe nämlich grundsätzlich nur Anspruch auf eine durchschnittliche Beurteilung gehabt. Da er nun eine gute Beurteilung erhalten habe, sei dies eine entsprechende Gegenleistung.

Kritik vom Fachanwalt:

Daran ist zunächst einmal folgendes falsch: Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes Zeugnis bei entsprechender leistungsgerechter Beurteilung. Nach der äußerst problematischen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss ein Arbeitnehmer eine bessere Leistung, als die durchschnittliche Leistung beweisen. Das kann er in der Praxis regelmäßig nicht und deshalb lässt sich in der gerichtlichen Praxis ein besseres Zeugnis als ein solches mit der Note drei regelmäßig nicht durchsetzen.
Einmal auf der falschen Fährte findet das Landesarbeitsgericht dann nicht mehr zurück. Darlegen und beweisen müsste hier nämlich eigentlich der Arbeitgeber, der sich auf die Wirksamkeit der Vereinbarung und das Ausreichen der Gegenleistung beruft, dass der Arbeitnehmer nicht besser als der Durchschnitt war. Nur dann wäre nämlich die Gegenleistung „gutes Zeugnis“ eine echte Gegenleistung. Hätte der Arbeitnehmer nämlich gute oder sehr gute Leistung erbracht, wäre ein entsprechendes Zeugnis nur die Erfüllung eines ohnehin bestehenden Anspruchs und daher keine Gegenleistung.

Quelle:

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 27. März 2014– 5 Sa 1099/13–, juris

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Verzichten Sie niemals auf eine Kündigungsschutzklage ohne zuvor anwaltlichen Rat einzuholen. Zumindest wenn Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht, ist eine Klage immer sinnvoll. Ich habe in der Praxis bisher noch keinen Fall erlebt, wo man nicht nach einer Klage mindestens das bekommt, was man zuvor den Verhandlungen angeboten bekommen hat. In der Regel ist die Abfindung dann aber deutlich höher.