Betriebsratsanhörung

 

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Das Video mit den Hinweisen finden Sie am Ende dieses Beitrages (hier).

Nachfolgend schildere ich Ihnen die wichtigsten Punkte im Zusammenhang mit der Betriebsratsanhörung. Wichtig zu wissen ist an dieser Stelle allein, dass sehr viele Kündigungen schon wegen einer unvollständigen oder sonstigen fehlerhaften Betriebsratsanhörung unwirksam sind. In Betrieben mit einem Betriebsrat lohnt sich daher eine Kündigungsschutzklage nahezu immer. Zur Kündigungsschutzklage (Muster) hier.

Im Rahmen der Kündigungsschutzklage müssen Sie als Arbeitnehmer die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung nur bestreiten. Der Arbeitgeber muss dann umfassend darlegen und beweisen. Eigentlich müssen Sie sich also keine weiteren Gedanken über die Betriebsratsanhörung machen. Der nachfolgende Beitrag soll Ihnen nur vor Augen führen, wie vielfältig die Angriffsmöglichkeiten gegen eine Kündigung sind, wenn Wirksamkeitsvoraussetzung unter anderem die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung ist. In der ersten Instanz gehen Arbeitsgerichte oft noch verhältnismäßig gnädig zu Gunsten des Arbeitgebers über diesen Punkt hinweg. In der zweiten Instanz kommt es dann meistens zum Schwur.

 

Betriebsratsanhörung – was ist zu beachten?

Soweit im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser vor Ausspruch einer Kündigung angehört werden. Wird die Kündigung ohne vorherige Anhörung ausgesprochen, ist sie allein deshalb unwirksam. Doch was heißt eigentlich Anhörung des Betriebsrats? Welche Anforderungen sind an die Anhörung zu stellen? Diese und weitere Fragen beantworte ich im nachfolgenden Beitrag.

Betriebsratsanhörung als gesetzlich zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses

Gemäß § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Dem Betriebsrat sind die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne (ordnungsgemäße) Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Die Anhörungspflicht besteht bei jeder Kündigung. Das gilt auch für Kündigungen, für die das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt. Anzuhören ist also auch im Falle einer Kündigung während der Probezeit oder bei einer Kündigung im Kleinbetrieb mit Betriebsrat.

 

Was gilt, wenn im Betrieb kein Betriebsrat besteht?

 

In diesem Fall gibt es auch keine Anhörungspflicht.

 

Anhörungspflicht bei jeder Kündigung.

Auch wenn bereits vor Ausspruch der Kündigung eine Kündigung ausgesprochen wurde (Wiederholungskündigung), ist der Betriebsrat nochmals anzuhören. Die Alusuisse gilt auch für alle Arten von Kündigungen. Sie besteht zum Beispiel auch bei einer außerordentlichen Kündigung oder bei einer Änderungskündigung. Es muss auch nicht das Wort Kündigung über dem Schreiben stehen. Entscheidend ist, dass sich aus dem Wortlaut eine entsprechende Kündigungsabsicht ergibt.

 

Anhörungspflicht auch bei Kündigung nach Namensliste und im Insolvenzverfahren

Auch wenn der Arbeitnehmer in einer Namensliste (bei Interessenausgleich mit dem Betriebsrat) aufgeführt ist, entfällt die Anhörungspflicht nicht. Das gilt auch bei der Kündigung im Insolvenzverfahren.

Was ist, wenn in der Mitglieder des Betriebsrates wegen Urlaubs verhindert sind?

 

In diesem Fall muss der Arbeitgeber die im Betrieb anwesenden Mitglieder des Betriebsrates anhören. Wenn alle Mitglieder des Betriebsrates abwesend sind (zum Beispiel in den Betriebsferien) entfällt die Anhörungspflicht. Das gilt allerdings dann nicht, wenn Ersatzmitglieder angehört werden können.

Der Arbeitgeber darf allerdings eine solche Situation nicht willkürlich ausnutzen. Wartet der Arbeitgeber zum Beispiel mit dem Ausspruch der Kündigung die Betriebsferien ab, kann er sich nicht darauf berufen, dass alle Mitglieder des Betriebsrates im Urlaub sind. In diesem Fall wäre eine Kündigung ohne Anhörung ebenfalls unwirksam.

 

Was ist, wenn Mitglieder des Betriebsrates erkrankt sind?

Auch erkrankte Betriebsratsmitglieder müssen im Zweifel angehört werden. Allein durch die Arbeitsunfähigkeit erlischt noch nicht die Fähigkeit das Betriebsratsamt wahrzunehmen. Zumindest, wenn der Arbeitgeber bereits in der Vergangenheit, trotz Arbeitsunfähigkeit des Betriebsratsmitgliedes dieses angehört hat, muss er dies auch weiterhin versuchen.

 

Wann ist der Betriebsrat zu unterrichten (Zeitpunkt)? Wie lange muss zwischen Anhörung und Ausspruch der Kündigung gewartet werden?

Die Unterrichtung muss in jedem Fall vor der Kündigung erfolgen. Welcher zeitliche Mindestabstand zum Ausspruch der Kündigung einzuhalten ist, variiert bei der jeweiligen Kündigungsart.

Bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat dem Arbeitgeber Bedenken gegen die Kündigung innerhalb einer Woche mitzuteilen (§102 BetrVG). Entsprechend muss ihm auch diese Zeit eingeräumt werden. Nach Anhörung muss der Arbeitgeber also mindestens eine Woche bis zum Ausspruch der Kündigung warten.

Bei einer außerordentlichen Kündigung beträgt die Frist für den Betriebsrat drei Tage. Entsprechend beträgt der Mindestzeitraum zwischen Anhörung und Ausspruch der Kündigung drei Tage.

 

In welcher Weise hat die Anhörung zu erfolgen, mündlich oder schriftlich?

 

Eine zwingende Formvorschrift gibt es nicht. Die Anhörung kann also mündlich erfolgen. Gleichwohl ist dem Arbeitgeber in der Regel eine schriftliche Anhörung anzuraten. Der Arbeitgeber ist nämlich später für die Betriebsratsanhörung und deren Inhalt voll beweispflichtig. Kann der Beweis nicht erbracht werden, ist die Kündigung aller deshalb unwirksam. Auf mündliche Aussagen potentieller Zeugen sollte man sich in diesem Fall nicht verlassen.

Wo muss die Anhörung erfolgen?

Die Anhörung muss grundsätzlich während der Arbeitszeit des empfangsberechtigten Betriebsratsmitgliedes und innerhalb der Arbeitsräume erfolgen.

 

Welches Betriebsratsmitglied muss angehört werden?

Die sicherste Variante für den Arbeitgeber ist, dem Betriebsratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter das Anhörungsschreiben auszuhändigen und sich den Empfang auf einer Abschrift des Anhörungsschreibens bestätigen zu lassen. Soweit andere Betriebsratsmitglieder oder ein entsprechender Ausschuss zum Empfang ermächtigt ist, kann der Arbeitgeber auch diesen gegenüber die Anhörung wirksam vornehmen.

Welchen Inhalt muss die Anhörung haben?

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss der Arbeitgeber die Gründe der Kündigung mitteilen. Dazu gehören nach der Rechtsprechung folgende Inhalte:

Personalien des Arbeitnehmers

Art der Kündigung (Änderungs- oder Beendigungskündigung, außerordentliche oder ordentliche Kündigung, fristlose oder außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist)

tatsächlich ausgeübte Tätigkeit

Sozialdaten (Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Familienstand)

Kündigungsgründe

 

Wie genau sind die Kündigungsgründe mitzuteilen?

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat (nur) diejenigen Gründe mitteilen, auf die er die Kündigung stützen will. Er darf die Kündigung dann später allerdings auch nur auf diese Gründe stützen. Das Verschweigen von wichtigen Umständen kann eine Anhörung unwirksam machen. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber den Sachverhalt bewusst und vorsätzlich unrichtige schildet. Deshalb empfiehlt sich in der Regel für den Arbeitgeber eine umfassende Anhörung und eine Mitteilung aller in Betracht kommender Umstände.

 

Was ist, wenn diese Kündigungsgründe dem Betriebsrat bereits bekannt sind?

Im Sinne der Vermeidung von übertriebenem Formalismus, verlangte Rechtsprechung keine erneute Mitteilung bereits mitgeteilter Umstände, bzw. von Umständen die dem Betriebsrat bereits bekannt sind. Allerdings sollten Arbeitgeber hier vorsichtig sein. Auch hierfür ist der Arbeitgeber in einem späteren Kündigungsschutzverfahren voll beweispflichtig.

Besonderheiten der Mitteilungspflicht bei einzelnen Kündigungsarten.

Krankheitsbedingte Kündigung

Hier müssen in jedem Falle die Fehlzeiten des Arbeitnehmers, die negative Zukunftsprognose und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Betrieb mitgeteilt werden. Das gilt nur bei dauernder Arbeitsunfähigkeit nicht.

Verhaltensbedingte Kündigung

Hier müssen auch entlastende Umstände mitgeteilt werden. Das wird von Arbeitgebern häufig vergessen, macht aber die Kündigung (mangels ordnungsgemäßer Anhörung) unwirksam. Das gilt auch für etwaige Gegendarstellungen des Arbeitnehmers. Werden auch vorangegangene Abmahnung zu Begründung der Kündigung herangezogen, müssen auch Gegendarstellung muss auch über Gegendarstellungen des Arbeitnehmers zu den Abmahnungen informiert werden.

 

Welche Anlagen müssen der Betriebsratsanhörung beigefügt werden?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber keine Beweismittel oder sonstigen Unterlagen zwingend beifügen. So kann zu Beispiel eine Gegendarstellung des Arbeitnehmers auch im Wortlaut in das Unterrichtungsschreiben aufgenommen werden.

Auf dieser Seite sollen Sie einen Überblick darüber bekommen, ob eine Betriebsratsanhörung notwendig ist und was der Arbeitgeber dabei beachten muss. Soweit es im Betrieb keinen Betriebsrat gibt, muss dieser selbstverständlich auch nicht angehört werden.

Sollte es in Ihrem Betrieb einen  Betriebsrat geben, muss dieser vor einer Kündigung vom Arbeitgeber angehört werden. Dabei kommt es oftmals zu Fehlern aufgrund falscher Durchführung der Betriebsratsanhörung.

Beachten Sie, dass eine noch nicht durchgeführte Betriebsratsanhörung nachgeholt werden kann. Daher müssen Sie die fehlende Betriebsratsanhörung bei einem Kündigungsschutzprozess vorerst nicht ansprechen. In der Praxis kann es sich lohnen den Arbeitgeber erst in der Gerichtsverhandlung mit dem Thema zu konfrontieren. Oftmals wird dadurch eine höhere Abfindungssumme erzielt.

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber dem Vorsitzenden des Betriebsrats bei der Anhörung ein Anhörungsschreiben übergeben. Sollte der Betriebsratsvorsitzende bei der entsprechenden Versammlung nicht vor Ort sein, kann das Anhörungsschreiben auch dem stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrats übergeben werden.

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Die Betriebsratsanhörung im Video erklärt.